Donnerstag, 23. September 1999
Wir standen um sieben Uhr auf, kauften riesige Sandwiches zum Frühstück und fuhren auf dem Highway 120 nach Yosemite. Auf dem Weg überquerten wir auch den Tioga Pass, aber ohne es zu bemerken. Ich hatte zumindest ein Schild an der entsprechenden Stelle erwartet, aber auf der ganzen Strecke gab es keinen Hinweis. Irgenwann langten wir einfach bei den Eintrittshäuschen des Yosemite National Park (siehe auch hier) an.
Es war ein wunderschöner Morgen, hell und klar. Nachdem wir über den Wolken waren, schien die Sonne, under Himmel war blau.
Nur wenige Autos waren auf der Tioga Road (Highway 120 im Park) unterwegs, aber der Verkehr nahm deutlich zu, als wir ins Yosemite Valley fuhren. Wir steuerten das Curry Village an, ein Camp im Tal. Zum ersten Mal hatten wir das Glück, ohne Voranmeldung eine Übernachtungsmöglichkeit in einem Nationalpark zu bekommen: Wir erwischten das letzte freie Zelt für die nächsten beiden Nächte!
Danach fuhren wir zum Besucherzentrum. Wie immer: Diashow ansehen, Buch kaufen, Ausstellung anschauen. Wir kauften auch Tickets für zwei Veranstaltungen am Abend: einen Film “No Barriers” (“Keine Grenzen”), in dem über einen Querschnittsgelähmten berichtet wird, der El Capitan erklommen hat, und für Lee Stetson als John Muir.
Als nächstes fuhren wir nach Wawona. Wir parkten an der <i<Wawona Information Station und nahmen den Shuttlebus nach Mariposa Grove – zu den Giant Sequoias (Riesensequoien). Die Sequoien in Mariposa Grove sind dem Volumen nach die größten Lebewesen auf der Erde.
Wir besuchten unter anderem den Fallen Monarch, den Grizzly Giant und den California Tunnel Tree. Sequoien sind sehr beeindruckende Bäume. Neben ihnen sehen noch die größten anderen Bäume wie Zwerge aus:
Überall standen Schilder, die die Besucher daran erinnerten, daß es in Nationalparks verboten ist, Pflanzen(teile), Tiere oder Steine mitzunehmen, aber trotzdem sammelten viele Touristen riesige Zapfen vom Boden auf, von denen sie dachten, daß es Seqouienzapfen seien. Wir schauten aber mit dem Fernglas in die Baumkronen hinauf und konnten keine riesigen Zapfen an den Sequoien finden. Als wir später einen Ranger danach fragten, erfuhren wir, daß die Seqouien etwa hühnereigroße Zapfen haben, während die riesigen Zapfen zu einer Pinienart, der Sugarpine, gehören.
Dann fuhren wir nach Yosemite Valley zurück, um pünktlich zum Film zu kommen.
Daran, daß bis auf eins schon alle Geschäfte und Restaurants geschlossen hatten, konnte man erkennen, daß in Yosemite offiziell schon die Wintersaison begonnen hatte. Immerhin bekamen wir in dem einen offenen Laden noch Fertigsandwiches. Großartiges Abendessen.
Der Film “Keine Grenzen” war sehr interessant. Der Betreiber der Kletterschule im Yosemite-Tal hielt eine kurze Einführung und erzählte über seinen Freund Mark Wellman. Dieser war ein aktiver Kletterer, bis er sich bei einem Kletterunfall die Wirbelsäule brach und querschnittsgelähmt wurde. Natürlich dachte er, daß er das Klettern nun für immer aufgeben müsse, aber nach einiger Zeit entwickelte er mit seinem Freund ein System, das es ihm ermöglicht, Steilwände zu erklimmen: Sein Freund klettert vor und befestigt ein Seil, an dem sich Mark Wellman mit Klimmzügen hocharbeitet. Er benutzt dazu einen Griff, der so am Seil befestigt ist, daß man ihn hoch-, aber nicht wieder herunter schieben kann. Mit seinen gut verpackten Beinen kann er sich abstützen, den Griff nach oben schieben, seinen ganzen Körper mit einem Klimmzug nach oben bewegen, und den Griff wieder nach oben schieben. Auf diese Weise hat er als einziger Querschnittsgelähmter Half Dome und El Capitan erklommen!
Nach dem Film ging noch ein Mann aus dem Publikum nach vorne. Er war 86 Jahre alt und der Älteste, der El Capitan erklettert hat (an der Steilwand, nicht auf dem weniger anstrengenden Wanderweg). Ich schätze, daß es schon schwierig genug ist, Half Dome oder El Capitan zu erklimmen, wenn man fit und bei bestern Gesundheit ist. Wie schwierig muß es für einen alten Menschen oder gar für einen Querschnittsgelähmten sein?
Anschließend gingen wir in das andere Auditorium, wo Lee Stetson – pardon, John Muir – vor dem Kamin saß und Geschichten über seinen Hund Stickeen erzählte.
Weitere Informationen über John Muir, der sich für die Erhaltung der Natur, besonders in Yosemite eingesetzt hat, gibt es auf folgenden Websites (alle in Englisch): John Muir National Historic Site, John Muir Exhibit of the Sierra Club, und Dunbar’s John Muir Association.
Danach ging es zurück nach Curry Village. Wir mußten alle Lebensmittel und Dinge wie Sonnencreme aus dem Auto nehmen, da sonst die Gefahr bestand, daß es von Bären aufgebrochen wird. Wie sie das machen, war in einem Videofilm an der Rezeption von Curry Village zu sehen: Sie stellen sich auf die Hinterbeine und biegen den oberen Teil einer Autotür einfach nach unten. Schon können sie ins Auto klettern. Bären haben Autos schon für eine leere Coladose oder einen Streifen Kaugummi aufgebrochen.
Natürlich kann man die Sachen auch nicht im Zelt aufbewahren, sondern muß sie in extra bereitgestellte Schließfächern verstauen, die die Bären offenbar noch nicht aufkriegen.
Im Zelt war es ordentlich kalt, was natürlich nicht so überraschend war zu dieser Jahreszeit hoch in den Bergen. Wir hatten keine Schlafsäcke, aber mit dicken Fleecepullovern überstanden wir die Nacht ganz gut.
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