Sonntag, 19. September 1999
Die Wettervorhersage hörte sich gut an, also beschlossen wir, dem Grand Canyon noch eine zweite Chance zu geben, nachdem wir beim ersten Besuch dank Wolken und Regen kaum etwas vom Canyon gesehen hatten. Früh am Morgen verließen wir Tropic, kamen schon um zehn in Kanab an und fuhren gleich weiter zum North Rim des Grand Canyon, nachdem wir ein Hotelzimmer gefunden hatten.
Auf dem Weg nach Kanab hatte es noch ein wenig geregnet, aber je näher wir unserem Ziel kamen, desto sonniger wurde es. Die 70 Meilen (113 km) zwischen Kanab und dem Grand Canyon führten größtenteils durch Wälder und sonnenbeschienene Wiesen.
Wie immer suchten wir zuerst das Besucherzentrum auf. Dann ging es auf das Walhalla Plateau, das sie wie eine Insel in den Canyon hinein streckt. Wir hielten an den meisten Aussichtspunkten, bis wir um zwei am Walhalla Overlook ankamen. Ein Ranger unternahm mit uns (und einem Dutzend anderer Touristen) einen Spaziergang zu den Ruinen eines Anasazi-Dorfes. Wir hatten schon in einigen Parks etwas über die Anasazi (frühe Siedler, über die es wenig Informationen gibt) gehört, aber jetzt hatten wir die Überreste ihrer Häuser vor Augen.
Danach fuhren wir zurück zur Lodge in der Nähe des Besucherzentrums, weil wir an einer kleinen geführten Wanderung zum Bright Angel Point teilnehmen wollten. Leider schafften wir es nicht rechtzeitig, aber nach einer Viertelstunde hatten wir die Gruppe eingeholt. Die Rangerin beschrieb die Entstehung des Grand Canyon und die unterschiedlichen Gesteinsschichten, die im Canyon zu sehen sind. Plötzlich unterbracht sie sich mitten im Satz und deutete nach oben. Da sahen wir zwei riesige schwarze Vögel: Kondore!
In den 50er Jahren waren nur noch etwa 20 Kondore übrig, die man nach reiflicher Überlegung einfing und in die Zoos von San Diego und Los Angeles brachte. Glücklicherweise gelang es, sie in den Zoos zu züchten, und vor einigen Jahren wurde der zweite Versuch unternommen, Kondore wieder in die freie Wildbahn zu entlassen. Der erste Versuch war gescheitert, weil die Kondore sich nicht selbst ernähren konnten, und einige starben, weil sie auf Stromleitungen landeten. Diejenigen, die kürzlich freigelassen wurden, scheinen besser zurechtzukommen, weil sie trainiert wurden, solche Gefahren wie Stromleitungen zu meiden. Sie tragen alle einen kleinen Sender, so daß ihr Aufenthaltsort jederzeit festgestellt werden kann. Heute gibt es in den USA wieder ca. 120 Kondore.
Nach dem Kurzvortrag über Kondore ging unser Spaziergang weiter bis zum Bright Angel Point, von dem man eine grandiose Aussicht auf den Canyon hat. Wir blieben eine ganze Weile dort und genossen die Aussicht.
Zum Abendessen gingen wir zurück zur Lodge, wo wir eine riesige Pizza für uns beide kauften. Mit der gingen wir wieder ein Stück Richtung Bright Angel Point zurück, so daß wir beim Essen den Sonnenuntergang über dem Grand Canyon erleben konnten. Wir fanden eine Bank mit schöner Aussicht, packten unsere Pizza aus und begannen zu Essen. Schon nach kurzer Zeit zog unsere Pizza hungrige Blicke von Vorübergehenden auf sich: “Pizza? Die haben Pizza! Wo gibt’s denn hier Pizza?” Wir sagten ihnen, daß es sie bei der Lodge zu kaufen gibt, und schon waren die Leute auf dem Weg dorthin – als hätten sie Angst, daß keine mehr da sein könnte, wenn sie kommen. Lustig!
Als die Sonne fast verschwunden war, konnten wir kleine Blitze auf der anderen Seite des Canyons sehen. Es waren die Blitzgeräte von den Fotoapparaten der Touristen am South Rim, mehr als 20 km weit entfernt. Was für ein seltsamer Anblick!
Wir machten uns bei einbrechender Dunkelheit auf den Rückweg nach Kanab. Unterwegs verloren wir die Stunde wieder, die wir morgens auf dem Hinweg gewonnen hatten, weil Kanab in Utah und der Grand Canyon in Arizona liegen. Das Hin- und Herfahren zwischen verschiedenen Zeitzonen ist manchmal verwirrend…
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